Esmoraca und Talina, im Advent 2010

mit dem jungen Lama zeigt, daß ich in vielem versuche, auf den Fußspuren unseres Pfarrpatrons, des Hl. Franz,  zu wandelnLiebe Missionsfreunde

Um die Weihnachtszeit schweifen die Gedanken der von uns im fernen Ausland Lebenden häufiger in die Heimat. Und so sollen euch herzliche Grüße vom jetzt sommerlich warmen Boliviens erreichen, wie immer in der Hoffnung, daß ihr alle soweit wohlauf seid.
Das Foto links mit dem jungen Lama zeigt, daß ich in vielem versuche, auf den Fußspuren unseres Pfarrpatrons, des Hl. Franz, zu wandeln.

Was gibt’s aus meinen Pfarreien zu berichten? Nun, Weltbewegendes ist natürlich nie dabei, da sich unser Leben am „Ende der Welt“, im entlegenen Esmoraca abspielt. Doch hat nach dem Gleichnis vom Senfkorn das Reich Gottes ja gerade im Unscheinbaren seine Wurzeln.

Mitte November hatte mich ein Pastoralbesuch erneut in einige entlegene Dörfer der Prov. Sud Lipez geführt. Und da dorthin noch keine Autostraßen führen, war ich mit meinem Troß, bestehend aus vier Jugendlichen aus der Pfarrei, wiederum an die 14 Stunden zu Fuß und mit dem Rucksack unterwegs gewesen. Mein Rucksack ist allerdings nicht mehr so schwer wie der, der mich begleitenden Jungs, da ich inzwischen ja auch an den Lebensjahren zu tragen habe. Die Trampelpfade führten uns durch enge Schluchten und über bis zu 4 800 m hohe Bergzüge. Auf knapp 5 000 m Höhe einen steilen Berghang rauf zu kraxeln, hat auch ‘was mit Buße zu tun. In den Dörfern versammelten sich die Leut’ nach unserer Ankunft meist zu einer Abendandacht in Form des Rosenkranzgebetes und ich hörte noch Beichten, bei älteren Frauen meist in der Indiosprache Quechua. Viel Quechua verstehe ich zwar nicht, doch gilt in diesen Fällen: „ecclesia suplet“, d.h., die Mutter Kirche ergänzt eben die sprachliche Begrenztheit des Seelsorgers. Vormittags stand dann die Eucharistiefeier an. Unterkünfte waren einfache Hütten, wo wir auf dem Boden schliefen und zu essen gab es an diesen Tagen natürlich auch nicht viel; humorvoll könnte man sagen: ein sehr gesundes Leben fern jeglicher Verweichlichung. In diesen Tagen hatte ich, was für Seelsorge auch wichtig ist, sehr viel Zeit zum „Schwätzen“ mit den Menschen. Eines der besuchten Dörfer war Bonete Palca, wo das im letzten Rundbrief erwähnte Kapellchen fast fertig ist. Das von mir gestellte Baumaterial war in Lastwagen bis auf 10 km ans Dorf herangefahren und auf Esels Rücken nach Bonete Palca transportiert worden. Sperriges Material wie Holzbalken oder das Wellblech fürs Dach mußten die Männer auf den Schultern dorthin tragen. Ein Esel trägt, das für die Wissensdurstigen unter euch, bis zu 50 kg, also einen Sack Zement z.B. In Bonete Palca war ich natürlich nicht nur pastoral aktiv, ich habe auch den Kapellenbau unter die Lupe genommen und mit dem Maurermeister den Fortgang des Baus besprochen. Bei kleineren Bauprojekten bin ich ja der Architekt.

Der traditionelle Ausflug mit den Kleinen von Esmoraca
Der traditionelle Ausflug mit den Kleinen von Esmoraca

Ein weiteres pastorales „Highlight“ war in Esmoraca Mitte Oktober die Erstkommunionfeier von elf Mädchen und Buben der Volksschule gewesen, sechs weitere „Weiße Sonntage“ mit Firmungen stehen bis Weihnachten noch in Esmoraca, Mojinete und einigen kleineren Dörfern an. Der traditionelle Ausflug mit den Kleinen von Esmoraca war genau auf meinen Geburtstag gefallen, so daß ich diesen als Zölibatär nicht im Kreise meiner Enkel, dafür aber mit den Erstkommunikanten feiern konnte. Der „día del campo“, also der Ausflugstag aufs Land, hatte uns zur nahe gelegenen argentinischen Grenze geführt. Entlang des derzeit noch trockenen Grenzflusses „San Juan del Oro“ bieten sich schattige Plätzchen unter Weiden zum Spielen und zum Picknick an. Letzteres war für unsere Kinder noch ‘was Besonderes, da bei ihnen zuhause der Tisch nie reichlich gedeckt ist. Das Hauptproblem fürs Picknick bestand darin, wie die traditionelle Suppe von der Pfarrhausküche zu den hungrigen Mäulern unter den Weiden kam, zumal der Weg durch ein steiniges Flußbett führte. Die Lösung war, den Suppentopf mit einer Plastikfolie abzudichten und einer mußte sich dann auf den Topf draufhocken. Nach der Erstkommunionsfeier war es in fliegendem Wechsel mit meinen fünf „Patenkindern“ der Abitursklasse von Mojinete zum Salzsee von Uyuni gegangen. Der „padrino“ hat immer die Ehre, den Abi-Ausflug mit zu finanzieren und zum Teil mit zu begleiten. Einen Tag lang fuhr ich so mit meinen „ahijados“ auf dem Salar herum und wir speisten noch bei Don Noel in Llica zu Mittag. Bei dieser Gelegenheit traf ich eine der Töchter von Don Noel, die Zeina, die Anfang September einen schweren Unfall erlitten hatte. Sie war beim Duschen ohnmächtig geworden und hatte sich beim Sturz eine schwere Gehirnerschütterung zugezogen. Anfangs hatte sie das Sehvermögen verloren und konnte auch nicht mehr zusammenhängend sprechen. Die Arztkosten, viele bei uns sind ja nicht krankenversichert, haben Noel und seine Familie fast in den Ruin getrieben. Am „Rettungspaket“ mußte ich mich natürlich beteiligen. In einer Zwischenwand der Dusche fand man später ein Kleidungsstück der Verunglückten sowie ein altes Hemd von Noel mit menschlichen Knochenstücken zusammengeschnürt zu einem Paket. Dies interpretiert man in unseren Höhen als eine Form von Hexerei. In der Aymarakultur, und Llica gehört dazu, wird mehr „verhext“ als in Esmoraca, was zur Quechua-Kultur gehört.

die Erstkommunionfeier von elf Mädchen und Buben
die Erstkommunionfeier von elf Mädchen und Buben

Nach dem von pastoralen Aktivitäten sprechenden Teil meines Briefes möchte ich ein paar Zeilen zur Arbeit der Esmoraceños von Mitte September bis Mitte November schreiben. In diesen Wochen werden bei uns die Felder bestellt und hauptsächlich Mais angebaut. Aus Mais wird das beliebte Erfrischungsgetränk „Chicha“ hergestellt. Die Aussaat, „Waq‘i“ in Quechua, hat aber auch eine soziale Komponente, denn Freunde und Nachbarn helfen mit und stärken sich dann bei einem gemeinsamen Mittagessen auf dem Felde. Natürlich dürfen dabei die „tragos“, eine Art Schnaps, nicht fehlen, was den Arbeitstag oft feucht fröhlich ausklingen läßt. Und wenn ich schon bei der Landwirtschaft bin, sollt ihr auch erfahren, wie es im 3520 m hohen Pfarrgarten aussieht. Die Apfel- und Pfirsichbäumchen aus dem argentinischen Mendoza haben den Hochlandwinter gut überstanden, ebenfalls blühen schon einige Rosen. Die aus Sasbachwalden und Rammersweier mitgebrachten Weinreben sind leider eingegangen, so daß ich nach wie vor den Meß- bzw. Tischwein in Tupiza einkaufen muß. Wo einst die Reben standen, wachsen jetzt Salat und Rettiche. Im Herbst Reben zu pflanzen, haut eben nicht hin.

Aussaat, „waq’i“, auf dem Acker der Grundschule
Aussaat, „waq’i“, auf dem Acker der Grundschule

Pfarrer in der Mission zu sein, heißt auch immer, das in der Heimat „zusammengebettelte“ Geld ( für mich als Pfarrer einer Franziskuspfarrei ist Betteln aber keine Schand‘, hat vielmehr seinen positiv biblischen Hintergrund ) sinnvoll einsetzen, bzw. „verbauen“ zu wissen. Kurz vor der Regenzeit gilt es, Dächer wetterfest zu machen. Dazu war ich eine Woche lang mit meinen Arbeitern, drei jungen Familienvätern aus Esmoraca, in Talina, meiner zweiten Pfarrei gewesen. Besonders in die „Schatzkammer“, wo auch alte Gemälde hängen, war im letzten Jahr Regenwasser eingedrungen. Apropos Arbeiter: das sind natürlich liebe Kerle, sie haben allerdings aber auch ihren eigenen Arbeitsrhythmus. Einmal kommen sie, dann wieder nicht, entsprechend auch der Festchen am Abend vorher. Und derweil ich euch schreibe, sitzen selbige junge Männer auf dem Pfarrhausdach von Esmoraca und erneuern den das Wellblech sichernden Zementsockel. Daß das Pfarrhaus auf längere Zeit noch eine Baustelle sein wird, hatte ich euch ja schon geschrieben. Entsprechend der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel wird eben „peu à peu“ geschafft. Die Renovierung der verfallenen Pfarrkirche soll nächstes Jahr beginnen und wird auch seine Zeit brauchen. Für die Transportkosten von Baumaterial ins entlegene Esmoraca wird ein größeres Sümmchen einzuplanen sein; ebenfalls finde ich hier keine Facharbeiter, die werde ich dann „einfliegen“ müssen. Aber das sind Probleme von 2011. Was in diesen Tagen ansteht, ist, die Reparaturkosten für Kühler und Lenkung am Pfarrauto zu zahlen. Dieses steht wieder einmal in Tupiza in der Werkstatt.

Liebe Freunde, in Esmoraca und Talina ist nur ‘was „los“, weil ihr da seid, und meine Bemühungen pastoraler Art sowie die Infrastruktur der Pfarrei betreffend auch finanziell unterstützt. Allen lieben Missionsspendern sage ich wiederum ein ganz HERZLICHES VERGELT’S GOTT !!!

Wie schon so oft gesagt, mein Rundbrief will mit einigen „Momentaufnahmen“ ein Lebenszeichen von mir geben und euch wissen lassen, daß ich trotz vieler Schwierigkeiten nach wie vor mit Freude bei der Arbeit bin. Bei uns muß eben meist vom Aufwachen bis zum Schlafengehen improvisiert werden.

Zunehmend schicken mir Missionsfreunde auch Grüße per Email, worüber ich mich natürlich sehr freue, auch wenn nicht immer gleich eine Antwort kommt. Die Emails an DIETKRAM@YAHOO.DE lese ich in Tupiza in einer der Internetkabinen aus und da stehe ich immer unter Zeitdruck.

Ich wünsche euch allen eine besinnliche Adventszeit, ein FROHES WEIHNACHTSFEST und ein GESEGNETES NEUES JAHR 2011.

Nochmals mit "saludos cordiales" und in Dankbarkeit

Euer
P. Dietmar Krämer

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Ermoraca & Mojinete, gehören zur Diözese Potosí

Bischof Diözese Potosí

"Die Pfarreien “San Francisco de Asis” von Esmoraca und Mojinete, gehören zur Diözese Potosí in Bolivien, deren Bischof jetzt Monseñor Ricardo Centellas ist."

Missionsspenden

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Missionsspenden: zugunsten einer vielseitigen und lebendigen Pfarrarbeit, sowie Instandsetzung bzw. Neubau verschiedener Kapellen. Missionsgesellschaft vom Heiligen Geist, Pax-Bank Köln Iban: DE29 3706 0193 0021 7330 32 BIC: GENODED1PAX Wichtig mit Vermerk für Padre Dietmar Krämer Bolivien. Sollte es mit der Spendenbescheinigung ‘mal nicht klappen, schickt Frau Bachfeld von der Missionsprokur, Tel.: 02133-869144 oder Email: bachfeld@spiritaner.de auf Anfrage dann die gewünschte Bescheinigung.